Schleswig-Holsteins Windkraft-Community traf sich in Kiel zu einer der bedeutendsten Tagungen der Branche. 120 Teilnehmer nahmen am Kongress „windWERT“ teil, der von der Netzwerkagentur Erneuerbare Energien (EE.SH) organisiert worden ist. Dort treffen sich vor allem Projektplaner sowie Vertreter von Banken, Sparkassen und Verbänden. Sie haben ein anstrengendes Programm mit hochkarätigen Referenten absolviert. Björn Spiegel vom Bundesverband Windenergie skizzierte in seinem Grußwort die massiven Veränderungen, vor denen die Branche steht.
Ein Schwerpunkt war die Frage, wie die Beteiligung von Bürgern optimiert werden kann. Dazu präsentierte die EE.SH die mittlerweile fünfte Auflage eines Leitfadens für die Branche. Der hilft von grundsätzlichen Entscheidungen übers Planungsrecht bis zu Wirtschaftlichkeitsberechnungen. Ralf Hendricks (Bürgerenergie GmbH) skizzierte eingangs, wie sich der Markt im letzten Jahrzehnt verändert habe. Preise für Windenergieanlagen hätten sich verdoppelt, Lieferzeiten für Schaltanlagen oder Umspannwerke seien heute dreimal so hoch. Zinsen seien drei Prozent höher. Allerdings sei die Nennleistung von Windenergieanlagen in dem Zeitraum um das 2,4-fache gestiegen.
Auch Michael Schütz, Finanzvorstand der Denker & Wulf AG, beschrieb eindringlich die Veränderungen im Markt. Die Firma übernimmt die Planung von Projekten. Schütz beklagte, dass es immer wieder Debatten über die Grundlast gebe, etwa über den Atom-/Kohleausstieg. Das verunsichere Investoren. Mit dem technischen Fortschritt hätten sich Gebühren der Behörden fast verdoppelt. Er erinnerte daran, dass das Ende der Förderung Erneuerbarer Energien bereits gesetzlich verankert sei. Der weitere Ausbau soll „marktgetrieben erfolgen“. Wie der Wandel von Förderungen hin zu Marktpreisen geschehen kann, war zentrales Thema der Tagung. Das war auch Hauke Broeckers Thema. Bei der Arge Netz ist er zuständig, das neue Marktumfeld zu analysieren und fortzuentwickeln.
Ein weiterer Brennpunkt: Gemeinden ist es inzwischen gestattet, mit Nachbarorten sich über Windenergiegebiete abzustimmen. Dr. Martin Maslaton, Fachanwalt für Verwaltungsrecht aus Leipzig, kritisierte, dass das viel Zeit koste und den Zielen, Verfahren zu beschleunigen, zuwiderlaufe.
Auf diese sogenannte Gemeindeöffnungsklausel ging auch Axel Hilker aus dem Innenministerium in Kiel ein. Er führte auf, was dafür alles getan werden müsse. Es müsse eine unverbindliche Einschätzung der Landesplanung eingeholt werden, die Gemeinden müssten Gebiete für Windenergie ausweisen, Träger öffentlicher Belange anhören und die Öffentlichkeit beteiligen. Er wies darauf hin, dass 11,4 Prozent der ausgewiesenen Vorrangflächen noch nicht bebaut worden seien.
Die seit 2011 veranstaltete Tagung will Spielräume und Herausforderungen aufzeigen, die Windkraftplaner haben. Dieses Mal ging es auch darum, wie viel Treibhausgase tatsächlich durch Windkraft eingespart werden können. Dazu referierte Timo Saager, der bei der Wirtschaftsförderung des Landes (WTSH) Experte für klimaneutrales Wirtschaften ist. Er führte aus, wie direkte und indirekte Emissionen von Unternehmen und die entlang der gesamten Wertschöpfungskette entstehenden bilanziert werden können.
Angesichts zunehmender Angriffe auf Energieversorgungsanlagen müssen die Projektierer inzwischen auch Nachweise erbringen, wie sie ihre sogenannte kritische Infrastruktur schützen. Über Cybersicherheit referierte Marc Ratfeld, der eine eigene Beratungsfirma zu dem Thema unterhält. Zeitgemäß ging es auch um KI-basierte Analyse von Daten, die in Windparks eingespeist werden können, um den Ertrag zu optimieren. Dazu referierte Felix Mertens von Naeco Blue. Abschließend ging es auch um das akustische Verhalten von Windenergieanlagen und um einen Leitfaden, was bezüglich herabfallenden Eises zu berücksichtigen ist.
Fotos:
Leitfaden57 und Leitfaden61
BU: Stephan Frense, Katja Rosenburg, Ralf Hendricks, Arne Möbest und Matthias Hüppauff.